Kompetenzvermittlung statt Verbote

Wie der Mensch sich als soziales Wesen entwickelt, wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst.

Es geht um den Vorgang, während dem jeder Mensch lernt, sich in die Gesellschaft bzw. in gesellschaftliche Gruppen zu integrieren – und zwar als Teil der fortwährenden Auseinandersetzung mit der Umwelt. Der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung dauert folglich ein Leben lang. Die für die eigene Entwicklung und gesellschaftlich bedingte Einordnung prägenden Faktoren ändern sich über die Zeit.

In der frühkindlichen Entwicklung ist die Kernfamilie besonders prägend, vor allem z. B. der Einfluss der Eltern. Das nennt man primäre Sozialisation. Im Verlauf der Zeit gewinnen andere Einflussfaktoren an Bedeutung (z. B. Gleichaltrige, Schule, Sportverein); diese Phase ist die sekundäre Sozialisation. Später prägt die Arbeitswelt uns mit am stärksten – tertiäre Sozialisation. Die Phase der Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Anforderungen des Alters wird als quartäre Sozialisation bezeichnet. Auf dem Weg dahin sind wir fortwährend auch kulturellen Einflüssen ausgesetzt: Religion, Werte, Ethik, Sport, Film, Spiele (Online/PC), Musik, Literatur, Medien usw. Es gibt zudem vermehrt (Rollen-)Vorbilder und Meinungsbildner jenseits der Familie und abseits der engen Freundeskreise. In diesem Kontext wird häufig auch die Rolle der Werbung als prägender Sozialisationsfaktor vor allem bei Kindern und Jugendlichen diskutiert.

In Deutschland wird die Wirkung von Werbung überschätzt

Professor Dr. Stefan Aufenanger, emeritierter Professor für Medienpädagogik an der Universität Mainz, hat sich dazu in einem Interview auf „Familie.de“ (veröffentlicht am 13. August 2020) klarstellend geäußert. Dort heißt es: „`In Deutschland wird die Wirkung von Werbung überschätzt´, sagt er. Natürlich weckt die Werbung Wünsche; nicht nur bei Kindern. Das ist schließlich der Zweck des Ganzen. (…) `Aber beschützen müssen wir unsere Kinder davor nicht´, sagt Aufenanger. Statt Werbung zu verbieten ist es sinnvoller, euren Nachwuchs darüber aufzuklären.“

Die prägenden Sozialisationsfaktoren eines Individuums sind vielfältig. Die Werbung ist nur einer von vielen und von eher ungeordneter Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung. Denn gut gerüstete und fitte Kinder erkennen schon in frühen Jahren sehr schnell, was Werbung ist und welche Funktion sie gesellschaftlich erfüllt. Kompetenzvermittlung ist daher das Instrument der Wahl – und nicht Abschottung durch Verbote. 

Mehr aus dieser Rubrik

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) blickt mit großer Sorge auf die Entwicklung beim Kakao und zwar sowohl mit Blick auf die…

Weiterlesen

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) zeigt sich äußerst besorgt, dass die Pläne der EU zur künftigen Gestaltung von…

Weiterlesen

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) blickt für die Branche mit ihren genussbringenden Produkten auf ein schwieriges Jahr…

Weiterlesen

Das Gerücht von der Einschmelzung bzw. Umverpackung von übrig gebliebenen Schokoladen-Nikoläusen oder -Weihnachtsmännern in -Osterhasen – oder…

Weiterlesen

Wie belastbar ist eigentlich die wissenschaftlich-statistische Basis des vielfach geforderten Werbeverbots für Lebensmittel, die nicht den…

Weiterlesen

Bundesminister Cem Özdemir plant weitgehende Werbeverbote für Lebensmittel mit hohen Gehalten an Zucker, Fett oder Salz, darunter neben vielen anderen…

Weiterlesen