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Die 10 Top-Themen der Zukunft

Sensorik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von anerkannten Methoden zur Beschreibung und Beurteilung von Lebensmittelqualitäten entwickelt hat. In Unternehmen ist sie in der täglichen Qualitätssicherung oder bei der Produktentwicklung unersetzlich.

1. Unterstützung der Gesellschaft bei der Ernährungswende

Umwelt- und Klimaschutz sind die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Auch unsere Ernährungsweise wird sich diesen anpassen. Die Sensorik-Wissenschaft kann helfen, die Akzeptanz für innovative Produkte zu erhöhen. Das können   z. B. Produkte aus Insekten als neuartige Proteinquelle sein.

2. Weiterentwicklung von praxisnahen, robusten wissenschaftlichen Methoden

Auch kleine Lebensmittelunternehmen möchten die Sensorik für die Kontrolle und Weiterentwicklung ihrer Produktqualität professionell nutzen. Ein Hinderungsgrund hierfür kann die Scheu vor dem zeitlichen Aufwand z. B. für lange Mitarbeiterschulungen sein. Eine Herausforderung ist auch weiterhin, aussagekräftige und leichtverständliche Schnellmethoden zu entwickeln, die Mitarbeitende ohne Weiterbildung direkt nutzen können.

3. Experten- vs. Konsumentensensorik

Wer ist die bessere Testperson, um Lebensmittel praxisnah zu beschreiben? Der geschulte Sensorikexperte oder der Laie? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft schon länger. Bei der Konsumentensensorik, auch Straßensensorik genannt, fehlt es jedenfalls an Aussagekraft. Da die Konsumenten hierfür z. B. in Fußgängerzonen angeworben und befragt werden, mangelt es an Belastbarkeit (z. B. statistisch) – die gesetzten Rahmenbedingungen bleiben häufig unklar und nicht nachvollziehbar. Aber auch für die Ausbildung von Experten ist die Entwicklung von standardisierten Schulungskonzepten nötig.

4. Innovationskraft von Start-ups nutzen

Neben den großen Playern in der Lebensmittelbranche zeigen auch Start-ups und Querdenker eine hohe Innovationskraft. Eine neuartige Produktentwicklung braucht oftmals Unterstützung bei der Qualitätssicherung. Der Einsatz sensorischer Methoden hilft bereits in der Entwicklung, um Produkte für den Käufer interessant zu gestalten. So soll verhindert werden, dass Neuprodukte aufgrund fehlender Nachfrage frühzeitig wieder aus dem Handel genommen wurden müssen oder das Handelsregal erst gar nicht erreichen. Denn neue Zutatenkombinationen müssen am Ende vor allem auch gut schmecken.

5. Regionale Produkte – Europäische Arbeitsgruppen für Lebensmittel mit geschützter Ursprungsbezeichnung

Verbraucher suchen in der globalisierten Welt gerade in der Ernährung nach Heimat, Vertrauen und Sicherheit. Regionale Spezialitäten sind daher ein langfristiger Trend in der Ernährungsbranche. Die Europäische Gesellschaft für Sensorik (www.e3sensory.eu) vernetzt die sensorische Forschung zu Lebensmitteln mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung (g. U. bzw. Protected Designation of Origin [PDO]) in einer Arbeitsgruppe. Die Fragen, was ein authentisches Produkt ist und wie ein auf traditionelle Weise hergestelltes Lebensmittel schmecken muss, erfordern sensorische Spezifizierungen und erweiterte Schulungen von Prüfpersonen.

6. Einbindung der Gastronomie und des Handwerks in innovative, nachhaltige Produktentwicklungen

Wie sich kreative Ansätze aus der Gastronomie mit wissenschaftlichen Untersuchungen von physikalischen Effekten zu Innovationen verknüpfen lassen, das zeigt die nordische Küche schon recht eindrucksvoll. In Deutschland ist das food lab muenster (www.food-lab-muenster.de) ein besonderes Beispiel dafür.

7. Digitale Sensorik

Die Umbrüche in der Nutzung digitaler Technologien, wie „Virtual Reality“-Anwendungen, können auch dem besseren Verständnis von Sensorik dienen. Die Sensorik-Technik wird die menschliche Sensorik zwar nicht ersetzen, sie aber gerade im Produktionsprozess sinnvoll ergänzen. Das gilt speziell für die Qualitätssicherung bei Lebensmittelherstellern.

8. Wertschätzung für Lebensmittel – durch das Verständnis von Emotionen und individuelle Erfahrungen

Die Wertschätzung für Lebensmittel steht im Mittelpunkt, wenn es um eine Reduzierung von Lebensmittelverschwendung geht. Das Erlernen des richtigen Umgangs mit Lebensmitteln fängt im Kindesalter an. Sensorische Sinnesparcours für Kinder unterstützen die Entwicklung hin zu einem wertschätzenden Ernährungsverhalten. Eine wissenschaftliche Begleitung kann helfen, die richtigen didaktischen Methoden für die Schule zu entwickeln.

9. Esskultur gibt der sensorischen Wahrnehmung eine Bedeutung

Genuss und Abneigung werden durch unsere Esskultur geprägt und durch die sensorische Wahrnehmung von z. B. Geruch und Geschmack ausgelöst. Die Untersuchung der biologischen und psychologischen Trigger von sensorischen Effekten kann bei der Produktentwicklung helfen. Welche Gefühle werden ausgelöst und wie wirken sie sich auf die Akzeptanz von Lebensmitteln aus?

10. Gesundheit und Sensorik

Wie kann Genussfähigkeit (weiter-)entwickelt und mit Gesundheitsfragen sinnvoll verbunden werden? Für die Neurowissenschaften ist die Analyse der Vorgänge im Gehirn während und nach der Nahrungsaufnahme spannend. Die Verhaltensökonomie untersucht, wie z. B. gesündere bzw. klimaschonende Ernährung durch Nudging zunehmen. Es geht also etwa darum, ob das subtile Anstupsen der Verbraucher zu einer gesünderen Ernährung führt. Andere spannende Fragen der Sensorik sind: Was macht Appetit? Wie steuert die sensorische Wahrnehmung von bitter, süß oder fettig unser Essverhalten?

Interdisziplinarität (also die Zusammenarbeit über Fach- und Abteilungsgrenzen hinweg) und Anwendbarkeit werden sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft als notwendige Merkmale zur Problemlösung aktueller Herausforderungen angesehen. Die Sensorik bringt diese Charakteristika als Fachdisziplin zusammen und ist ein gutes Hilfsmittel für tägliche Managemententscheidungen in der Ernährungswirtschaft und zum Verständnis des Konsums und der menschlichen Ernährungsweisen.

Mehr zum spannenden Themenfeld der Sensorik, ist in den „Nachrichten aus der Wissenschaft“ zu finden.

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von apl. Prof. Dr. Gerhard Huber, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg

 

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