Blick auf einen Teil der Gebäude der Universität Leipzig

Neue Erkenntnisse in der Adipositas-Forschung

Immer mehr Menschen weltweit leiden an Adipositas. Das ist ein echtes Problem: Wer adipös ist, sieht sich einer Reihe von erhöhten Risikofaktoren ausgesetzt, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 sowie eine generell verminderte Lebenserwartung. Obwohl Adipositas von einer Vielzahl an Faktoren abhängig ist, gilt es in der Wissenschaft als erwiesen, dass einer dieser Faktoren die Nahrungsaufnahme im Verhältnis zum Energieverbrauch ist, also die Energiebilanz. Nun hat ein Forscherteam der Universität Leipzig einen Rezeptor im Hirn identifiziert, der im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme und damit mit Adipositas steht.

Fehlender Rezeptor lässt Körpergewicht entgleisen

Dieser Rezeptor trägt den Namen Latrophilin-1 beziehungsweise die etwas zungenfreundlichere Abkürzung LPHN1. Er gehört zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, die unter anderem den Appetit und das Sättigungsgefühl regulieren. Wie die Forscher der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig nun herausgefunden haben, hat LPHN1 einen Einfluss auf die Nahrungsaufnahme sowie auf die Kontrolle des Energiehaushalts. Dafür wurden Mäuse mit und ohne LPHN1 auf Gewichtszunahme getestet. Das Ergebnis: Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlte, nahmen mehr Nahrung zu sich und entwickelten mit zunehmendem Alter ein starkes Übergewicht. Auch konnten bei diesen Mäusen eine verringerte Glukosetoleranz sowie eine verringerte Insulinempfindlichkeit festgestellt werden.

Entstehung von Übergewicht womöglich viel komplexer als bislang angenommen

Obwohl der Großteil dieser Ergebnisse bisher nur nachweislich auf Mäuse zutrifft und weitere Studien erst noch folgen müssen, gibt es doch bereits jetzt einen Zusammenhang mit Menschen: Denn bei einer Analyse von RNA-Sequenzdaten für menschliches Fettgewebe wurden zwei LPHN1-Mutationen identifiziert, von denen eine nur vermindert funktional ist, während die andere überhaupt keine basale Aktivität aufweist. Das heißt, der Rezeptor arbeitet nicht. Interessant dabei: Obwohl diese beiden beeinträchtigten Varianten des Rezeptors selten sind, wurde eine davon bei einem Kind identifiziert, das an Adipositas leidet. Das Leipziger Forschungsteam weist außerdem darauf hin, dass bereits frühere Studien eine Verbindung von seltenen Varianten des LPHN1-Rezeptors und Übergewicht bei Menschen feststellen konnten.

Mit anderen Worten: Obwohl weitere Studien noch ausstehen, erscheint es den Leipziger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als wahrscheinlich, dass Varianten beziehungsweise Mutationen des LPHN1-Rezeptors Übergewicht begünstigen können, wenn eine regelrechte Funktion von LPHN1 beeinträchtigt ist. Damit wäre klar, dass es also noch mehr Faktoren zu geben scheint, die zur erhöhten Gewichtszunahme führen können, als bisher allgemein vermutet. Es gilt somit mehr denn je, dass die Entstehung von Übergewicht ein multifaktorielles Geschehen ist.

 

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