Foto zeigt die Vielfalt verschiedener Ölpalmenfrüchte

Herausforderungen für eine klimagerechte Palmölproduktion

von Professor Dr. Alain Rival, CIRAD – Senior Project Manager, Jakarta, Indonesien

In tropischen Ländern ist Palmöl eine wichtige Quelle für Devisenreserven sowie ein wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung und zur wirtschaftlichen Entwicklung im ländlichen Raum. Die mehrjährige tropische Kulturpflanze ist ein Meister der Produktivität – aber ist sie widerstandsfähig genug, um die Risiken zu bewältigen, die durch großflächige Monokulturen entstehen?

Auch wenn die öffentliche Debatte nicht mehr so meinungsstark wie im letzten Jahrzehnt stattfindet, wird die Produktion von Ölpalmen in der Öffentlichkeit noch immer mit Umweltschäden und einer unausgewogenen Ernährung aufgrund des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren im Palmöl in Verbindung gebracht. Darüber hinaus sieht sich der Sektor mit zunehmenden Einschränkungen  konfrontiert, die unter anderem mit dem Klimawandel, der Preisvolatilität und dem Mangel an Arbeitskräften zusammenhängen. Dabei gilt: Palmöl wird nicht mehr von den Agrarlandkarten in den Tropen verschwinden. Weltweit deckt Palmöl 40 Prozent des Pflanzenölbedarfs auf knapp 6 Prozent der für die Produktion aller Pflanzenöle genutzten Fläche. Um die gleiche Menge an Öl aus anderen Quellen wie Soja, Raps oder Sonnenblumen zu gewinnen, müsste vier- bis zehnmal so viel Land bewirtschaftet werden. Die komparativen Vorteile von Palmöl gegenüber konkurrierenden Pflanzenölen beruhen nach wie vor auf den niedrigen Produktionskosten, die strukturell mit der hohen natürlichen Produktivität der Pflanze, die leicht über 3 Tonnen pro Hektar liegt, und den niedrigen Arbeitskosten in den meisten Erzeugerländern zusammenhängen.

Die Rolle von Nachhaltigkeitskonzepten

Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme wurden in der Palmölindustrie als Reaktion auf die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen eingeführt, die mit der Entwicklung dieses Sektors verbunden sind. Das erste Zertifizierungssystem für Palmöl, der Roundtable of Sustainable Palm Oil (RSPO), wurde im Jahr 2004 ins Leben gerufen, gefolgt von anderen Nichtregierungsinitiativen, die die nachhaltige Produktion von Palmöl sicherstellen sollen. Indonesien und Malaysia, die beiden größten Palmölproduzenten der Welt, gründeten 2011 bzw. 2015 das Indonesian Sustainable Palm Oil (ISPO) und das Malaysian Sustainable Palm Oil (MSPO). Erzeugerländer wie Malaysia und Indonesien sind damit noch einen Schritt weitergegangen und haben ihre eigenen, teils gesetzlich geregelten Nachhaltigkeitssysteme entwickelt. Freiwillige Standardsetzungen waren bisher der praktische Weg für die Verwaltung und Überwachung der Produktion von zertifiziertem nachhaltig erzeugtem Palmöl. Durch die Umsetzung der Nachhaltigkeitszertifizierung kann die Palmölindustrie eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung der Sustainable Development Goals (SDGs) spielen.

Zum Klimanotstand und zur Rolle der EUDR

Der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran: Veränderte Niederschlagsmuster, die sintflutartige Regenfälle und Sturzfluten mit sich bringen, setzen in der tropischen Welt ganze Landstriche unter Wasser. In anderen Anbaugebieten können schwere Dürreperioden den Fruchtansatz der Ölpalme behindern, was unmittelbare Auswirkungen auf die Produktivität hat. Die Pflanze reagiert zudem sehr empfindlich auf Veränderungen in der jährlichen Niederschlagsverteilung, was in den am stärksten betroffenen Gebieten zu erheblichen Ertragseinbußen bei den frischen Früchten führen kann.

Eine wichtige Entwicklung, die die Zukunft des globalen Ölpalmenhandels beeinflussen könnte, ist die Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten der Europäischen Union (EUDR). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die EUDR sich positiv für die globale Nachhaltigkeit des Ölpalmsektors auswirken wird, da sie die Ausweitung von Plantagen auf Waldflächen verhindert. Es könnte  allerdings unbeabsichtigte Folgen der Verordnung geben, wie z. B. einen kurzfristigen Nachfrageschub von europäischen Käufern, wobei sich die Unternehmen mit Produkten und Betriebsmitteln
eindecken, bevor die EUDR ihre volle Wirkung entfaltet. Die EUDR könnte unbeabsichtigt bestehende freiwillige Nachhaltigkeitszertifizierungen untergraben, wenn die Hersteller glauben, dass sie für den Export nach Europa nur die Einhaltung der EUDR und keine anderen Produktkennzeichnungen benötigen. Es besteht ein hohes Risiko, dass viele Kooperativen und Kleinbauern vom europäischen Markt ausgeschlossen werden. Palmöl produzierende Länder könnten daher versuchen, ihre Verkäufe auf Märkten wie China und Indien zu steigern, die derzeit niedrigere  Nachhaltigkeitsanforderungen haben, oder Palmöl produzierende Länder erhöhen ihren Inlandsverbrauch, etwa mittels Biokraftstoffen.

Ein Paradigmenwechsel ist nötig

Auf der Grundlage wiederhergestellter Ökosystemfunktionen entstehen langsam agroforstwirtschaftliche Lösungen, die sich immer mehr durchsetzen. Agroforstwirtschaftliche Praktiken können eine wichtige Rolle bei der Abschwächung des Klimawandels spielen, und zwar mit einer Wirkung, die mit anderen klimabezogenen Lösungen wie der Wiederaufforstung vergleichbar ist. Der erwartete Beitrag der Agroforstwirtschaft auf der Grundlage von Ölpalmen beruht auf Agrarumweltdienstleistungen, da grundlegende landwirtschaftliche Funktionen wie Bodenerhaltung, Bestäubung oder Schädlingsbekämpfung durch eine Vielfalt lebender Organismen sowohl innerhalb als auch im Umfeld der Plantage gewährleistet werden können. Innovative Ansätze fördern die Wiederherstellung von degradierten Flächen und die Ausweitung der Agroforstwirtschaft. Aufbauend auf der regenerativen Landwirtschaft entstehen neue Konzepte, die gründlich bewertet werden müssen, um  evidenzbasiert für Veränderungen eintreten zu können.

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