Auf dem Bild zu sehen sind Verpackungen in Gruen.

Biokunststoffe in der Verpackung von Lebensmitteln – der Königsweg?

Verpackungen für Lebensmittel erfüllen wichtige Schutzfunktionen und tragen zur Reduktion von Lebensmittelverlusten bei. Dafür müssen sie dem Produkt und dessen Lebenszyklus individuell angepasst sein. Verpackungen können aber auch ein Umweltproblem darstellen. Vor allem sogenannte „Plastik-Verpackungen“ sind in Verruf geraten. Differenzierung ist gefragt.

Es besteht sicherlich Einigkeit darin, dass Verpackungen einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck aufweisen sollten. Neben dem reduzierten Einsatz von Verpackungen stehen unter anderem Recyclingfähigkeit und Substitution von Kunststoffen sowie Biokunststoffe im Zentrum aktueller Diskussionen um zukunftsfähige Lösungen. Hierbei sind eindeutige Kommunikation und Aufklärung wichtig, da der Begriff „Biokunststoff“ oftmals nicht klar definiert verwendet wird. Doch bei allem verständlichen Reduktionsinteresse: Es wird in vielen Anwendungsbereichen wohl nicht möglich oder nicht sinnvoll sein, auf Verpackungen (auch aus Kunststoffen) gänzlich zu verzichten. Auch die Corona-Pandemie zeigt das deutlich.

Funktionen und Eigenschaften

Ein Produkt-Verpackungs-System kann nur erfolgreich sein, wenn die vielfältigen Funktionen und Eigenschaften von Lebensmittelverpackungen sorgfältig abgewogen und aufeinander abgestimmt sind sowie den Erfordernissen durch das Produkt selbst gerecht werden. Zu den Funktionen zählt die sichere Aufbewahrung, die Lebensmittelverlusten und/oder -verunreinigungen vorbeugt und die Lagerung, den Transport und die Verteilung ermöglicht. Der Schutz vor äußeren und inneren Einflüssen bewahrt die Qualität und fördert die Haltbarkeit der Produkte. Convenience entscheidet häufig über den Erfolg eines Produktes. Ferner dient die Verpackung der Kommunikation geforderter, notwendiger und freiwilliger Angaben sowie der Produkt- und Markenerkennung.

Zu den wichtigsten Eigenschaften von Verpackungen gehören die Widerstandsfähigkeit gegen physikalischen und mechanischen Stress (z. B. durch Temperaturschwankungen oder durch Druck oder Abrieb usw.) und ihr Wirken als Barriere (z. B. gegen unerwünschten Kontakt mit Luft [Sauerstoff], Wasserdampf und Licht). Auch die Migration vom Verpackungsmaterial in das Füllgut und umgekehrt sind wichtige Aspekte, die unter Anwendungsbedingungen zu testen sind. (Unter Migration versteht man den Übergang von chemischen Verbindungen etwa von Verpackungen auf das Produkt.) Außerdem müssen hohe Anforderungen an die Hygiene bedacht werden.

Nachhaltgikeit

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen, oftmals als umweltfreundlich verstandenen Verpackung, ist es essentiell, umfassendes Denken in vollständigen Lebenszyklen inklusive einer rohstofflichen Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Hinsichtlich Design, Herstellung, Transport, Gebrauch und Lebensende von Verpackungen gilt: Sie müssen effektiv sein, d. h. die jeweils notwendigen Funktionen erfüllen, und effizient sein, d. h. Ressourcenverbrauch, Abfall und Emissionen entlang des Lebenszyklus sind zu minimieren. Darüber hinaus müssen sie zyklisch sein, d. h. geschlossene Kreisläufe und eine maximierte Rückgewinnung sind erforderlich, und sie müssen sicher, d. h. umweltfreundlich und schadstofffrei, sein.

Biokunststoffe

Der Ausdruck beschreibt eine große Familie an Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften. Da eine einheitliche internationale Definition bis dato fehlt, werden diese meist als Materialien beschrieben, die entweder biobasiert, bioabbaubar oder beides sind. Als biobasiert gelten Kunststoffe, die in aller Regel aus nachwachsenden pflanzlichen oder tierischen Rohstoffen hergestellt werden. Sie werden in speziellen Verfahren zu Kunststoffen verarbeitet, die die gleichen chemischen Zusammensetzungen, Eigenschaften und Einsatzgebiete wie petrochemische Produkte aufweisen (z. B. Bio-PET). Petrochemisch verweist auf erdölbasierte bzw. fossile Quellen, die endlich sind. Biobasierte Kunststoffe ermöglichen es, auf bestehende Produktions-, Sammel- und Verwertungsmöglichkeiten zurückzugreifen. Bioabbaubare Kunststoffe hingegen können sowohl aus nachwachsenden als auch aus fossilen Rohmaterialien erzeugt werden. Essentiell hierbei ist, dass die chemische Beschaffenheit einen Abbau zulässt. Je nachdem, unter welchen Umweltbedingungen dies möglich ist, spricht man von abbaubaren, bioabbaubaren oder kompostierbaren Kunststoffen. So kann zwischen Abbaubarkeit und biologischer Abbaubarkeit unterschieden werden. Das ist wichtig! Denn nicht jedes Material, das nach einigen Wochen nicht mehr mit bloßem Auge sichtbar ist, wurde tatsächlich biologisch abgebaut. Gemäß der Norm DIN EN 13432 bedeutet Bioabbaubarkeit, dass sich ein Material nach einer festgeschriebenen Zeit unter definierten Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtebedingungen in der Anwesenheit von Mikroorganismen oder Pilzen zu mehr als 90 Prozent zu Wasser, Kohlendioxid (CO2) und Biomasse abgebaut haben muss, so das Umweltbundesamt (UBA).

Biobasierte Kunststoffe können für die Verpackung von Lebensmitteln gut eingesetzt werden. Es ist aber notwendig zu erkennen, dass Biobasiertheit, Bioabbaubarkeit und auch Biokunststoffe im Allgemeinen nicht automatisch mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt werden können. Es bedarf einer Lebenszyklusanalyse, um fundierte Aussagen treffen zu können. Biokunststoffe stellen somit nicht automatisch den Königsweg zu per se nachhaltigeren, weil umweltfreundlicheren Verpackungen dar.

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