Beim Essen und Trinken sind alle Sinne beteiligt. Der Sehsinn nimmt dabei eine besondere Stellung ein, weil er Erwartungshaltungen schürt. So überrascht es nicht, dass zahlreiche wissenschaftliche Studien über viele Jahre hinweg gezeigt haben, dass die Farbe eines Lebensmittels die geschmackliche Wahrnehmung beeinflusst. Für den sensorischen Einfluss des Geschirrs interessiert man sich erst seit etwa 15 Jahren wissenschaftlich. Und hat dabei Spannendes über dessen Wirkung auf Desserts herausgefunden:
Forscherinnen und Forscher aus Spanien und England (Betina Piqueras-Fiszman, Jorge Alcaide, Elena Roura und Charles Spence) servierten vor einigen Jahren freiwilligen Probandinnen und Probanden das gleiche Erdbeermousse auf einem weißen und einem schwarzen runden Porzellanteller. Die Hälfte der Testpersonen bekam das halbkugelförmige Dessert zuerst auf dem weißen Teller gereicht und bewertete die empfundene Süße, Intensität, Qualität und Akzeptanz des Desserts. Danach bekamen sie das gleiche Dessert auf dem schwarzen Teller, der sich mit Ausnahme der Farbe nicht vom weißen unterschied. Die zweite Hälfte der Teilnehmer begann mit dem schwarzen Teller, um einen möglichen Reihenfolgeeffekt auszuschließen. Das gleiche Forscherteam führte ein weiteres Experiment mit dem gleichen Erdbeermousse durch. Diesmal servierten sie das pyramidenförmig geformte Mousse auf drei weißen Tellern mit unterschiedlichen Formen – rund, dreieckig und quadratisch.
Das Ergebnis: Süße, Intensität und Akzeptanz der Erdbeermousse waren auf dem weißen, runden Teller größer als auf dem schwarzen. Mögliche, wenn auch spekulative Erklärungen dafür sind, dass die rosa Farbe des Erdbeerdesserts auf weißem Hintergrund kräftiger gewirkt hatte als auf schwarzem Hintergrund. Dann ist nicht die Tellerfarbe, sondern der Kontrast ausschlaggebend für die bessere Bewertung. Die Tellerform erwies sich für die Akzeptanz (und auch für Süße, Qualität und Intensität) als irrelevant. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgerten, dass der Effekt eckiger Teller mit spitzen Ecken eher bei scharfen Produkten zum Tragen kommen könnte, wenn die Tellereigenschaft und die Eigenschaft einer Speise zusammenpassen.
Aufbauend auf den obigen Ergebnissen führten Forschende aus Kanada (Peter Stewart und Erica Goss) ein weiteres Experiment durch, in welchem sie Tellerfarbe (schwarz, weiß) und Tellerform (rund, quadratisch) in einer Studie kombinierten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten Käsekuchen nur auf einem Teller:
- entweder auf einem weißen und runden
- oder schwarzen und runden
- oder weißen und quadratischen
- oder schwarzen und quadratischen.
Die Probandinnen und Probanden bewerteten Süße, Geschmacksintensität, Qualität und Akzeptanz des Kuchens.
Der auf weißen runden Tellern servierte Kuchen wurde süßer und intensiver bewertet als auf weißen eckigen Tellern. Bei den schwarzen Tellern beeinflusste die Form hingegen weder die Süßempfindung noch die Intensitätsbewertung.
Anders bei der Beliebtheit: Der Käsekuchen wurde auf dem weißen, runden und auf dem schwarzen eckigen Teller signifikant besser bewertet als auf dem weißen eckigen und dem schwarzen runden Teller, ebenso die Qualitätsbewertung. Farbe und Form interagieren also, vor allem bei komplexen Bewertungen wie Akzeptanz und Qualität.
Da die zuvor beschriebenen Untersuchungen in Forschungseinrichtungen stattgefunden hatten, wollten Bettina Piqueras-Fiszman, Agnes Giboreau und Charles Spence wissen, ob die Tellerfarbe auch Relevanz in einem natürlichen Restaurantsetting hat. Sie testeten daher drei verschiedene komplexe Desserts zu unterschiedlichen Tageszeiten auf schwarzen und weißen rechteckigen Tellern: einen französischen Erdbeerkuchen (Fraisier), ein Himbeer-Vanille-Dessert (Fraicheur) und ein Vacherin Glacé (mit Vanille, Himbeeren und Basilikum). Während mittags natürliche Lichtbedingungen herrschten, gab es abends künstliches Licht. Jede Testperson erhielt nur ein Dessert auf einem Teller, insgesamt wurden aber die Bewertungen von 253 Personen erhoben und verglichen.
Die Tellerfarbe beeinflusste vor allem die Bewertung optischer Desserteigenschaften: die Appetitlichkeit, die Akzeptanz des Aussehens und die Dessertfarbe. Die Tellerfarbe machte dabei nur mittags bei natürlichen Lichtbedingungen einen Unterschied.
Geschmacksbewertungen (Süßintensität und Geschmacksintensität) waren hingegen stärker vom Dessert als vom Teller abhängig.
Insgesamt bewerteten die Testpersonen die Desserts unterschiedlich gut. Erdbeerkuchen und Glacé wurden auf dem weißen Teller besser bewertet, das farblich dunklere Himbeer-Vanille-Dessert auf dem schwarzen Teller.
Für die Weihnachtszeit heißt das...
Es gibt Effekte des Geschirrs auf die Akzeptanz von Desserts, diese sind aber nicht unabhängig vom Gericht und auch nicht von der Tageszeit. Es ist daher auch nicht möglich, eine optimale Tellerfarbe und -form für alle Desserts abzuleiten.
Genießen Sie Ihr Weihnachtsdessert also unabhängig davon, ob der Teller schwarz oder weiß und eckig oder rund ist! In diesem Sinne wünschen wir frohe, geruhsame, genussvolle und entspannte Festtage.