Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft müssten gut sortierbare Rohstoffe dem Kreislauf überhaupt erst einmal konsequent zugeführt werden. Rohstoffe müssen folglich grundsätzlich noch viel besser aussortiert und letztlich saubere Sammelströme garantiert werden.

Chemisches Recycling als Chance für gemischte Kunststoffverpackungen

Die Europäische Union widmet sich verstärkt „grünen Themen“. So verfolgt die Europäische Kommission seit einiger Zeit eine neue Kunststoffstrategie. Sie zielt im Kern darauf ab, den Anteil von Kunststoffen in Verpackungen zu reduzieren. In diesem Kontext soll die Recyclingfähigkeit von kunststoffhaltigen Verpackungen weiter verbessert und die Menge an Rezyklaten bei der Herstellung von Produktverpackungen erhöht werden.

Recycling meint laut EU-Definition „die in einem Produktionsprozess erfolgende Wiederaufarbeitung der Abfallmaterialien für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke, jedoch mit Ausnahme der direkten energetischen Verwertung.“ (Energetische Verwertung = Verbrennung, z. B. zur Energiegewinnung)

Mechanisches Recycling – ein gängiges Verfahren

Zumeist findet eine Werkstoff-Wiederaufbereitung statt, also die „mechanische Aufbereitung von gebrauchten Kunststoffen zu direkt wieder verarbeitungsfähigen Mahlgütern oder Rezyklaten. Die chemische Struktur bleibt dabei unverändert. Das Werkstoff-Recycling ist sinnvoll, wenn Altteile sauber und sortenrein erfasst werden können (Wikipedia).“ Rezyklate sind folglich als Sekundärrohstoff wiederzuverwendende Kunststoffe. Auf EU-Ebene wird nun verstärkt angestrebt, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für Kunststoff-verpackungen zu etablieren. 

Das ist zweifelsfrei unterstützenswert. Doch es besteht erhebliches Verbesserungspotenzial. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft müssten gut sortierbare Rohstoffe dem Kreislauf überhaupt erst einmal konsequent zugeführt werden. Rohstoffe müssen folglich grundsätzlich noch viel besser aussortiert und letztlich saubere Sammelströme garantiert werden.

Laut der Zeitschrift Packaging360° liegt in Deutschland „das Gewicht der jährlichen Kunststoffabfälle aus Haushalten und Industrie gemäß einer Studie des Marktforschungs-unternehmens Conversio bei nahezu 6,3 Millionen Tonnen.“ Die Recyclingquote liege bei 45 Prozent „und damit über dem europäischen Wert“, so Autorin Melanie Sachs. Doch nur 16 Prozent würden laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu Rezyklaten verarbeitet, die sich erneut verwenden ließen.

Beim Recycling stand bislang vor allem die mechanische Aufbereitung als wirtschaftlich taugliches Instrument im Fokus. „Kunststoffabfälle werden nach Kunststoffart sortiert, gewaschen, eingeschmolzen und zu Rezyklaten aufbereitet“, erklärt Melanie Sachs den gängigsten Prozess. Solche Rezyklate können statt der Nutzung von Frischware bzw. „Neumaterial“ für neue Produkte verwendet werden, so Sachs. Allerdings sind die meisten Rezyklate nicht geeignet, um die strengen Anforderungen an Lebensmittelverpackungen zu erfüllen. Sie sind aufgrund ihrer Eigenschaften also nicht lebensmitteltauglich. Eine Ausnahme bilden bisher PET-Flaschen in der Getränkeindustrie. Zudem wäre es ein großer Gewinn, wenn in einem ersten Schritt das gesamte Lebensmittelverpackungsmaterial mechanisch recycelt würde und sodann zumindest für Non-Food-Anwendungen zum Einsatz käme.

Rohstoffliches Recycling – eine zukunftsfähige Lösung?

Eine besondere Herausforderung für Recyclingverfahren ist, dass gemischte und verschmutzte Verpackungen sowie Verbundverpackungen, für die verschiedene Materialien zur Herstellung zum Einsatz kommen, häufig nicht gut mechanisch wiederaufbereitet werden können.  Auch wenn noch viel Entwicklungsbedarf besteht, kann das sogenannte chemische Recycling im Konzert von Lösungen zu einer sinnvollen Ergänzung werden. Häufig spricht man auch von rohstofflichem Recycling. Darunter verstehen Experten etwa eine Spaltung von Polymerketten durch die Einwirkung von Wärme bzw. hohen Temperaturen zu petrochemischen Grundstoffen, wie Öle und Gase. Bei der Solvolyse werden chemische Bindungen unter Zuhilfenahme von Lösungsmitteln und hohen Temperaturen aufgespalten. Bei der Gasifizierung steckt die Überführung zum gasförmigen Endprodukt mittels thermischer Einwirkung schon im Namen. Bei der Pyrolyse werden die Ausgangsstoffe unter Ausschluss von Sauerstoff sehr hohen Temperaturen (500 bis 1.500 Grad Celsius) ausgesetzt. Die Pyrolyse stellt den bislang verbreitetsten Prozess dar.

Melanie Sachs schreibt, dass so gewonnenes Material in seiner Qualität Neuware ähnele und auch für Produkte mit speziellen Qualitäts- und Hygieneanforderungen eingesetzt werden dürfe. Ein weiterer Vorteil des chemischen Recyclings bestehe zudem darin, dass sich solche Kunststoffe auch nach Gebrauch immer wieder ohne Qualitätsverlust chemisch wiederaufbereiten ließen – „ähnlich wie Glas“, so die Autorin.

Jedoch konnte sich das Verfahren bislang nicht durchsetzen, weil es energieaufwändig und somit überdurchschnittlich teuer war. Aber unter den neuen politischen Vorzeichen gewinnt das Konzept, das es bereits seit den 1990er-Jahren gibt, wieder an Attraktivität. Packaging360° schreibt dazu: „Derzeit entwickeln und bieten mehr als 70 Unternehmen und Forschungsinstitute in Europa, Asien und Nordamerika chemische Recyclingtechnologien an.“

Viele weitere Informationen enthält der Beitrag von Melanie Sachs wie auch die gesamte Ausgabe 01/2021 des Magazins Packaging360° aus dem Deutschen Fachverlag, Frankfurt am Main.

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